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Gab es in Lienen eine Burg?

Hofname Börger gibt Hinweis auf eine mittelalterliche Befestigung






Von Dr. Christof Spannhoff


Die Börger-Stätte an der Ecke Schulstraße/Börgerstraße wird in diesem Jahr 240 Jahre alt. 1780 wurde sie hier von Grund auf neu errichtet. Zuvor lag der Hof Börger nämlich an anderer Stelle, wie aus einer Akte im Landesarchiv in Münster hervorgeht. Nach den dortigen Angaben befand sich der Hof Börger ursprünglich südlich des Hauses Hauptstraße 28 (Textilpflege Keuenhof). Dieses Gebäude steht nämlich auf ehemaligem Gartenland des Hofes Börger, an das sich – nach Angabe der Quelle – die alte Hofstelle südlich anschloss. Der Hof Börger lag also vor seiner Umsiedlung 1780 in dem Bereich, der heute von den Straßen Amselweg im Norden, Friedhofstraße im Westen und Drosselweg im Osten begrenzt wird.

Doch warum ist es für die Ortsgeschichte Lienens interessant, wo sich die Börger-Stätte vor 1780 befand? Der Name Börger, der bereits zwischen 1402 und 1404 erstmals als „Borgherwort“, also ‚Hausstätte (word) des Börger‘, genannt wird, birgt nämlich eine wichtige geschichtliche Information. In ihm ist das niederdeutsche Wort Borg ‚Burg‘ enthalten. Börger bedeutet nämlich: derjenige, der in oder bei einer Burg wohnte. Es stellt sich daher die Frage, ob es in Lienen somit einst eine Burg gab. Und wenn ja, wo diese denn gelegen haben könnte. Die Frage nach der Burg kann bejaht werden. Denn im Mittelalter existierte im Ortszentrum Lienens noch der große Fronhof der Äbtissin von Herford, der sogenannte Ebdinghof (der ‚Hof der Leute der Abtei‘). Auf seinem Grund und Boden wurde die erste Lienener Kirche errichtet. Solche Fronhöfe besaßen vielfach auch eine Befestigung, in die sich dessen Bewohner in Gefahrenzeiten flüchten konnten. Eine ähnliche Situation findet sich etwa in Holte bei Bissendorf mit Fronhof (heute Meyerhof), Kirche und einer alten Burg in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander. Daher ist eine solche Befestigung auch für Lienen anzunehmen, die dann den Hof- und Familiennamen Börger motiviert hat. Diese Befestigungsanlage muss also in der Nähe des ursprünglichen Hofes Börger gelegen haben.

Vermutlich wird es sich um eine kleinere Anlage mit einem Erdwall und hölzernen Palisaden gehandelt haben oder um eine kleine Turmhügelburg (Motte). Dieser Burgentyp kam im Mittelalter in der Region recht häufig vor: z.B. bei Gut Wondahl/Schulte-Uebbing in Brochterbeck, Haus Vortlage oder Gut Schollbruch in Lengerich.

Eine ähnliche Befestigungsanlage ist übrigens auch für Lengerich in der Nähe des dortigen Herforder Fronhofes anzusetzen, der im heutigen Kosakenhook lag. Dort findet sich nämlich der Flurname Borchel, der ebenfalls auf eine Burg hindeutet. Der Flurname geht auf die älteren Formen (17. Jahrhundert) „Bocholt“, „Borchelt“, „Borcholt“ zurück. Altes Borc-holt ist daher als ‚Burg-Gehölz‘ oder ‚Burg-Wald‘ zu übersetzen. Zu vergleichen ist der Ortsname Borgloh bei Hilter, der die gleiche Bedeutung hat (zu mittelniederdeutsch lôh ‚Busch, Niederwald, Hudewald, Wald‘). Diese Namen setzen also eine „Burg“ voraus, die in oder bei einem Gehölz lag. Spuren dieser Burgen in Lienen und Lengerich haben sich bisher nicht gefunden. Ledig der Lienener Hof- und Familienname Börger und der Lengericher Flurname Borchel bewahren diese wichtige historische Information.


Bildunterschriften


Lienen Burg1

Typische Situation von Fronhof, Kirche und Burg in Holte-Bissendorf.


Lienen Burg2

Möglicher Bereich des Standorts der Burg zwischen Börger und Herforder Fronhof.

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